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Geräusche aus der Tiefe lassen hoffen

  • dpa

  • Do, 22. Juni 2023
    Panorama

     

Mit Spezialgerät wurde am Mittwoch die Suche nach dem vermissten Tauchboot Titan im Atlantik fortgesetzt. Suchtrupps nahmen Geräusche unter Wasser wahr, doch deren Ursprung ist ungewiss.

Fotos der fünf Insassen der Titan. Rec...n – der Chef der Betreiberfirma.  | Foto: JOEL SAGET, HANDOUT (AFP)
Fotos der fünf Insassen der Titan. Rechts oben ist Stockton Rush zu sehen – der Chef der Betreiberfirma. Foto: JOEL SAGET, HANDOUT (AFP)
Es waren Unterwassergeräusche, die in der Nacht zu Mittwoch Hoffnungen geschürt haben, das Tauchboot Titan mit den Insassen doch noch in den Tiefen des Atlantiks zu finden. Lebenszeichen der fünf Männer, die sich auf dem Weg zum Wrack des berühmten Luxusdampfers Titanic gemacht hatten und seit Sonntag vermisst werden? Das Titanic-Wrack liegt in rund 3800 Metern Tiefe. Etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs riss der Kontakt zum Mutterschiff Polar Prince ab. In der Nacht zum Mittwoch hatte ein kanadisches Flugzeug "Unterwassergeräusche" registriert. Der Chef der US-Küstenwache im Nordosten der USA, John Mauger, äußerte sich dennoch zurückhaltend zu den Geräuschen. "Das ist ein unglaublich komplexes Gelände dort. Man darf nicht vergessen, dass es sich um die Wrackstelle der Titanic handelt – es gibt also eine Menge Metall und verschiedene Objekte im Wasser um diese Stelle herum", sagte er dem US-Sender CBS auf die Frage, ob die Geräusche von den Boots-Insassen stammen könnten.

Der amerikanische Ozeanograf David Gallo sagte, ihn erinnerten die Unterwassergeräusche an die vergebliche Suche nach der verschwundenen Passagiermaschine auf Flug MH370. "Hier ist ein wenig Vorsicht geboten, denn wenn Sie sich an das Malaysia-Airlines-Flugzeug erinnern, gab es alle möglichen Knall-, Piep- und Klopfgeräusche zu hören", sagte Gallo dem US-Sender CNN. "Es stellte sich immer als etwas anderes heraus."

An Bord der "Titan" befindet sich auch der Forscher Paul-Henri Nargeolet (77). Der als "Monsieur Titanic" bekannte Franzose gilt als einer der besten Experten für das Wrack des 1912 gesunkenen Luxusliners. Weitere Insassen sind der britische Abenteurer Hamish Harding (58), der mehrere Guinness-Weltrekorde hält, sowie der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood (48) und dessen 19-jähriger Sohn Suleman. Der fünfte Vermisste ist laut Betreiberfirma Oceangate Expeditions der Unternehmenschef Stockton Rush (61) als Kapitän des Bootes.

Die Zeit drängt: Schätzungen der Behörden zufolge dürfte der Sauerstoff nur noch bis Donnerstagmittag mitteleuropäischer Zeit reichen. In der Nähe der Titanic, knapp 700 Kilometer südlich der kanadischen Insel Neufundland sind die Bedingungen schwierig. Es herrscht Dunkelheit, und der Wasserdruck ist groß. Wie es von der US-Regierung hieß, war das Klopfen auch Stunden nach dem Einsatz zusätzlicher Sonargeräte noch immer zu hören. Ein Update vom Dienstagabend berichtete CNN zufolge von weiteren Geräuschen.

Die US-Küstenwache verstärkt angesichts des sich schließenden Zeitfensters f die Einsatzkräfte. Derzeit seien fünf Einheiten an der Wasseroberfläche im Einsatz, sagte der Koordinator der US-Küstenwache für die Operation, Jamie Frederick. In den nächsten 24 bis 48 Stunden würden fünf weitere hinzukommen. Auch die Anzahl der ferngesteuerten Unterwasserfahrzeuge, von denen bislang zwei im Einsatz seien, werde bis Donnerstagmorgen (Ortszeit) erhöht.

Die US-Navy wollte zusätzlich das Tiefsee-Bergungssystem "Fadoss" nach Neufundland schicken. Die Marine beschreibt es als "tragbares Schiffshebesystem, das eine zuverlässige Tiefsee-Hebekapazität von bis zu 27 Tonnen für die Bergung großer, sperriger und schwerer versunkener Objekte bietet".

An der Sicherheit der Titan gab es Zweifel. Die BBC berichtete, ein Oceangate-Mitarbeiter habe 2018 vor möglichen Sicherheitsproblemen gewarnt. Mängel im Karbonrumpf des Boots könnten ohne strengere Tests unentdeckt bleiben, hieß es. dpa

Karlsruher Forscher lobt Tauchboot-Crew

Der Karlsruher Forscher Alex Waibel hat seinen Tauchgang mit dem nun vermissten Tauchboot zum Wrack der "Titanic" vor einem Jahr als hochprofessionelles Unterfangen bezeichnet. "Ich war beeindruckt, wie präzise und akribisch der Ablauf und die Vorbereitung der Betreiber war", sagte der Computerwissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Er habe damals auch Angst gehabt, aber die Risiken vorher abgewogen. "Jede Expedition ist mit einem gewissen Risiko verbunden und jeder, der in das Tauchboot einsteigt, kennt die Risiken", sagte der 67-Jährige. Auch er würde wieder mit einem Tauchboot tauchen. Das katastrophalste Szenario sei, wenn es ein Leck in der Carbonhülle des Bootes gegeben haben sollte. Andererseits wäre es dann wegen des enormen Wasserdrucks für die fünf Insassen so schnell zu Ende gewesen, dass sie davon nichts mitbekommen hätten. Am furchtbarsten sei der Gedanke, dass das von innen nicht zu öffnende Boot an der Wasseroberfläche treibe, nicht gefunden werde und die Menschen wegen Sauerstoffmangels elend erstickten.

Ressort: Panorama

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