Zehn Stimmen weniger und Berlin hätte verloren: Der Tag, an dem der Bundestag die deutsche Hauptstadt vom Rhein an die Spree verlegte.
Am 3. Oktober 1990 war die deutsche Einheit da. Aber die Frage war nicht entschieden, wo Regierung und Parlament im vereinten Deutschland ihren Sitz haben sollten. Zwar stand im Einigungsvertrag der schöne Satz "Hauptstadt Deutschlands ist Berlin". Doch das war nichts weiter als eine symbolische Verneigung vor der Vergangenheit. Denn dem folgte der viel entscheidendere Nachsatz: "Die Frage des Sitzes von Parlament und Regierung wird nach der Herstellung der Einheit Deutschlands entschieden."
Damit war ein Kampf eröffnet, dessen Ausgang keineswegs sicher war. Denn in der Frage Berlin oder Bonn waren die Parteien so gespalten wie die Bevölkerung. Wer glaubt, Berlin habe in diesem Streit von vornherein die besseren Karten gehabt, täuscht sich. Denn plötzlich zeigte sich, wie hohl die jahrzehntelang wie ein Pflichtpensum absolvierten Lippenbekenntnisse für die Hauptstadt Berlin waren. Als unversehens ...